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Du 936 | Juli 2025
100 Jahre Migros

Ein Spiegel der Schweiz

ISBN:
978-3-907315-35-4
Preis:
CHF 20.- / EUR 15.-

Status:
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Inhalt Du 936

Felix E. Müller
«Das Gute im Schweizerland ist meist von unten gekommen.»
Die Migros – ein Spiegel der Schweiz

Ursula Nold und Mario Irminger im Gespräch mit Oliver Prange
«Wir mussten Ballast abwerfen, um den Fokus zu schärfen.»
Seit dem Strategiewechsel im Februar 2024 verändert sich die Migros stark. Einige Tochterunternehmen wurden abgestossen. Im Zentrum soll wieder der Supermarkt stehen. Migros-Präsidentin Ursula Nold und CEO Mario Irminger sagen, wie sie den Geist von Gottlieb Duttweiler in die 
Zukunft tragen.

Regula Bochsler
Zwei Frauen in Duttis Schatten
Sie prägten Duttis Entscheidungen: seine Ehefrau Adele Duttweiler-Bertschi und die Volkswirtschafterin Elsa Gasser. Beide wirkten bescheiden im Hintergrund, waren aber ein unschlagbares Team. 

David Bosshart 
Freie Sicht auf Duttweilers Thesen 


Eigenmarken mit Kultstatus
Wer Migros sagt, meint oft mehr als nur einen Laden. Seit 1928 entwickelt sie eigene Marken, die heute in 32 Betrieben her­gestellt werden. Einige davon sind längst Teil unseres Alltags und unserer Erinnerung. Neun Produkte mit Kultstatus er­zählen Geschichten von cleveren Ideen, kleinen Provokationen und grossem Erfolg.

Deborah Bischof
Das Soziale Kapital der Migros
Die Migros engagiert sich seit mehr als 80 Jahren für die Gesellschaft – finanziell, inhaltlich und pionierhaft. In einem Umfang, der sich kaum fassen lässt. Eine Annäherung an das, was die Migros für die Schweiz leistet. 

Lea Ernst
Wie wir künftig einkaufen
Die Art und Weise, wie wir einkaufen, wandelt sich rasant. Was ein Schmetterling mit dem Laden der Zukunft zu tun hat und wie er unser Einkaufsverhalten unterbewusst steuert, zeigt ein Besuch in der Migros Appenzell. 

100 Migros-Menschen
Mit fast 100 000 Mitarbeitenden in über 90 Unternehmen ist die Migros-Gruppe die grösste Arbeitgeberin der Schweiz – und genauso vielfältig wie ihre Mitarbeitenden. Du stellt zum Jubiläum 100 Mitarbeitende und ihre Berufe vor.

Chronik


  Du 936 | Juli 2025 | 100 Jahre Migros – Ein Spiegel der Schweiz

100 Jahre Migros

Ein Spiegel der Schweiz

100 Jahre Migros: Der Geist soll weiterleben 

Es gibt einen Grund, weshalb die Migros so stark in der Bevölkerung verankert ist. Lebensmittelhändler gibt es einige, aber nur eine Or­ganisation, mit der sich die Menschen so stark identifizieren. Jede und jeder in der Schweiz hat einen Bezug zur Migros – als Kunde, als Genossenschafter, als Klubmitglied, als Kulturschaffender. Der Grund ist, dass die Migros eine Gesellschaftsordnung hat wie die Schweiz. Gottlieb Duttweiler hat sich die Schweiz zum Vorbild genommen. Das hat die Migros gross gemacht, birgt aber auch dieselben Schwächen. Dahinter steht die Kernidee der direkten Demokratie. Zuoberst steht der Bund, der spezifische Aufgaben erfüllt. Darunter die Kantone, die alles andere erledigen. Genau gleich die Migros: Zuoberst steht die Verwaltung, darunter die zehn Genossenschaften. Die Führung aber kommt von unten, nicht von oben. Nicht ein Einzelner gibt den Kurs vor, sondern der kollektive Wille des Volks. Der Gedanke ist, dass man nur gemeinsam stark sein kann. Unser ­Autor Felix E. Müller schreibt: «Diese Überzeugung ist tief in der DNA des Landes verankert und geht zurück auf die mittelalterlichen ­Alpgenossenschaften oder Alpkorporationen. Das Überleben in der ­harschen Natur der Gebirgswelt liess sich nur durch das sorgfältige ­Management der kargen Ressourcen garantieren.» In diese Richtung lenkte Duttweiler sein Unternehmen, als er 1940 seinen eigenen Reichtum aufgab, indem er die Migros in eine Genossenschaft umwandelte. «Das Gute im Schweizerland ist meist von unten gekommen», schrieb er 1940. Duttweiler kannte die Gefahren des Reichtums. Er war jung schnell reich geworden, verlor das Geld aber wieder. In seiner zweiten Karriere strebte er andere, soziale Ziele an. Darum verschenkte er seinen neu erworbenen Besitz an das Volk. Die Migros zählt heute 2,3 Millionen Genossenschafter. Gewinnstreben steht nicht im Vordergrund. Erst 2022 entschieden die Mitglieder in einer Urabstimmung, weiterhin keinen Alkohol zu verkaufen. Das Management muss sich danach richten. Stattdessen soll die Migros den Zugang zu höheren Gütern ermöglichen: Gesundheit, Bildung, Kultur. Die Schwächen des Systems aber sind in den letzten zehn Jahren immer offensichtlicher geworden. Die Führungsstruktur führte zu starker Verzettelung. Darum trennte man sich ab Februar 2024 von einigen Tochterunternehmen und Aktivitäten. Präsidentin Ursula Nold und CEO Mario Irminger sagen im gemeinsamen Interview mit Du, dass man Ballast abwerfen und sich wieder auf den Supermarkt konzentrieren will. Darum gründete man die zentral agierende Supermarkt AG mit eigenem Verwaltungsrat und eigener Geschäftsleitung, welche die Vorteile von regionaler und zentraler Führung vereinen. So soll der Geist der Migros auch die nächsten hundert Jahre weiterleben. Trotz allem Kollektivdenken: Letztlich ist es doch ein Einzelner, der den Kurs vorgibt – Gottlieb Duttweiler.

Von Oliver Prange